6. Schlussbetrachtungen

Bibliotheken führen ein grosses Angebot an Medien, von dem sich bildungsferne Personen nicht angesprochen fühlen oder von deren Existenz die Nichtleser nichts wissen, beziehungsweise den Nutzen nicht abschätzen können. Die Hintergründe für diese ungenügende Nutzung sind in den Vorstellungen dieser Personen begründet. Sie sehen heute noch allgemeine Bibliotheken als Vermittlerinnen von Bildungsinhalten, wie es tatsächlich bis weit ins 20.Jh. hinein üblich war. Diese Vorstellungen verhindern eine unvoreingenommene Sicht auf die Tätigkeiten der Bibliotheken. Bei genauer Betrachtung lassen sich tatsächlich im Auftritt der Bibliotheken etliche Merkmale finden, die ungewollt Bezüge zu Bildungsinhalten herstellen.

Damit werden Fragen aufgeworfen, die bis anhin zuwenig gestellt wurden. Die Kultur der Bibliotheken muss reflektiert und überdacht werden. In diesem Rahmen müsste auch das Berufsbild kritisch hinterfragt und eine Auseinandersetzung mit den Berufsvorstellungen zukünftig in der Ausbildung verankert werden.

Das Buchlesen ist bis anhin als individueller Prozess verstanden und als solcher behandelt worden. Erkenntnisse der Buchleseforschung weisen klar darauf hin, dass das Buchlesen in einem Gefüge sozialer Beziehungen verstanden werden muss.

Das Buch ist in diesem Verständnis als ein Medium zu betrachten, über das sich Beziehungen ergeben und wonach Beziehungen strukturiert werden. Es ist eingebettet zwischen den Beziehungen und zeichnet sich dadurch aus, dass es in hohem Masse für Anschlusskommunikationen geeignet ist.

Damit eröffnet sich für die Leseförderung ein weites Spektrum an Möglichkeiten, die auch für sozial benachteiligte Bevölkerungsschichten erfolgversprechend sind.

Allgemeinen Bibliotheken wird es gelingen, weite Bevölkerungskreise mit ihren Angeboten zu erreichen, wenn sie auf der einen Seite auf Merkmale verzichten, die ungewollt eine Bildungsnähe vermitteln, andererseits diejenigen Merkmale bewusst einbringen, die eine Distanz zu Bildungsabsichten signalisieren.