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5. Kommunikation: Bildungsferne Schichten ansprechen

Die Bibliotheken haben bei Nichtnutzern kein gutes Image. Doch lässt es sich immerhin benennen und nachzeichnen. Die Buchausleihe der Bibliotheken wird mit Bildungsvermittlung gleichgesetzt, sodass viele davon abgehalten werden, überhaupt einen Bibliotheksbesuch zu erwägen. Die Bilder dürfen sich derart hartnäckig festgesetzt haben, dass Nichtnutzer auch bei einem allfälligen Besuch die Bibliothek durch eine Optik wahrnehmen, die sie in ihren Vorstellungen bestärkt.

Allgemeine Bibliotheken dürfen diese Sichtweise nicht unterstützen. Zumindest sie sollten daraufhin arbeiten, die Merkmale, die diese Wahrnehmung unterstützen, zu meiden und dagegen jene Merkmale hervorheben, die eine Nähe zum Lebensumfeld der Durchschnittsbevölkerung herstellen.

Allgemeine Bibliotheken haben keinen engeren Bildungsauftrag, sondern vielmehr sollen sie die Bevölkerung mit geeigneten Medien versorgen. Für eine Orientierung an das Lebensgefühl einer Freizeitgesellschaft reicht es aus, abgrenzende Merkmale zu meiden. Eine Angleichung an solch einem freizeitorientierten Lebensgefühl ist nicht notwendig, schliesslich dürfen Bibliotheken Bibliotheken bleiben und weiterhin gute Bücher anbieten und Bestände nach eigenen Vorgaben ausrichten.

Bildungsferne Personen anzusprechen gelingt dann, wenn man sich neben ihnen stellt und auf die Merkmale verzichtet, die sie im Umgang mit ihren Vorgesetzten als abgrenzende Merkmale so gut kennen.

Sie haben oft ein feines kommunikatives Sensorium. Sie müssen an ihrem Arbeitsplatz die Stimmung ihrer Vorgesetzten richtig einschätzen und darauf adäquat reagieren können, denn sie sind von ihnen abhängig. Ihre beruflichen Qualifikationen machen sie für den Betrieb leicht ersetzbar. Hingegen sind Personen in leitender Stellung nicht darauf angewiesen, die Stimmungen ihrer Untergebenen richtig einzuschätzen. Bildungsferne Personen sind geübter im Erkennen von Haltungen und Stimmungen.

 

5.1 Kommunikation nach innen

5.1.1 Kundenkontakte

Das wichtigste überhaupt in einer Bibliothek ist ein freundliches und fachkundiges Personal. Es bedient die Besucher und diesen gilt letzten Endes die in der Bibliothek geleistete Arbeit.

Mit Kundenkontakt konfrontierte Bibliotheksmitarbeiter sollten einen professionellen Umgang mit Kunden pflegen, wie er in vielen Dienstleistungsbetrieben anzutreffen ist. Dazu gehören Eigenschaften wie Kontaktfreude, Hilfsbereitschaft und Aufgeschlossenheit. In einer Bibliothek muss das Personal auch bibliothekarische Begriffe und Einrichtungen soweit als nötig erklären und den Sinn einer Benutzungsvorschrift vermitteln. Dabei soll es aber zu keiner übertriebenen Hilfeleistung für einzelne Benutzer kommen. Verlangen kann man weiter auch Ausgeglichenheit und eine gewisse Gelassenheit. Zur sozialen Kompetenz gehört es auch, dass eigene Fehler umstandslos eingestanden werden und man sich dafür entschuldigt. Alles in allem soll eine Freude im Umgang mit einer unterschiedlichen Kundschaft spürbar sein.

Die wichtigste Eigenschaft ist jedoch die, die auch in anderen Dienstleistungsbetrieben manchmal vermisst wird: die sichtbare und spürbare Freude am Beruf. Sie ist unersetzlich und wird von den Besuchern schnell wahrgenommen und sehr geschätzt. Vor diesem Hintergrund stellen sich dann die übrigen Eigenschaften mit Leichtigkeit ein.

Der Kundenkontakt in einer allgemeinen Bibliothek ist anstrengender als etwa in einer Fach- oder wissenschaftlichen Bibliothek. Bei diesen kann man bei den Kunden übergreifende Verhaltensmuster erkennen und sich darauf einstellen: ähnliche Kommunikationsstile, Umgangsformen, sich ähnelnde Anfragen usw. Bei den jugendlichen Besuchern einer Schulbibliothek etwa wiederholen sich gewisse Muster und vereinfachen den Bibliothekaren den Umgang, es herrscht eben das Klima einer Schulbibliothek.

An allgemeinen Bibliotheken hingegen sind die Unterschiede in den Verhaltensweisen der Personen gross, begonnen bei den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Sie alle schieben ihre Erwartungen und Haltungen vor sich hin, die man ihnen zwar nicht ansieht, im Kontakt aber unmerklich mitschwingen.

 

5.1.2 Bestandsvermittlung mit Schlüsselwörter anreichern

Bei sozialen Gruppierungen, wie etwa bei Jugendlichen finden sich regelmässig soziale Codes, zum Beispiel in der Art sich zu kleiden, wie Gespräche geführt werden oder wie Konflikte gelöst werden. Damit grenzen sie sich zu anderen Gruppierungen ab. Demnach können auch in Bibliotheken Codes vermutet werden, die für bildungsferne Personen einen sie einschliessenden oder einen sie ausschliessenden Charakter haben.

Die naheliegendste Ansprechmöglichkeit ist die eines thematischen Bezugs zum Interesse des Kunden. Zwei Merkmale bieten sich vorzugsweise an, das eine ist ihr alltägliches Lebensumfeld, das andere die Unterhaltungsorientierung.

Demnach könnte man den Bestand mit dem Merkmal Unterhaltung anpreisen. Die Bibliothek führte dann nicht mehr Romane und Erzählungen, sondern kurzweilige Romane und vergnügliche Erzählungen, statt Krimis läse man spannende Krimis usw. Das Unterhaltungsmerkmal wird in der Bestandsvermittlung so unscheinbar eingeflochten.

Themen aus dem alltäglichen Lebensumfeld können natürlich nicht abschliessend aufgezählt werden. Hier würden sich allgemein gehaltene Nennungen anbieten, die das Lebensgefühl einer freizeitorientierten Gesellschaft ausdrücken, dann fände man in der Bibliothek auch Bücher zu Freizeit, Hobby und Sport. Es hört sich wie ein harmloser Allgemeinplatz an, die Botschaft indes ist eine gewollte.

Eine weitere Möglichkeit aus der Umfrage bietet sich an, wo die Vorstellung ausgedrückt wird, es gäbe in einer allgemeinen Bibliothek bestimmt elektronische Unterhaltungsmedien für Kinder, aber kaum für Erwachsene. Dem könnte entgegengewirkt werden, indem nicht nur auf die Aktualitäten und die Bestsellers hingewiesen wird, sondern auch die neuen Spielfilme angepriesen werden. Die Bibliothek hätte dann Aktuelles, Bestsellers und neu erschienene Spielfilme. Damit werden ausschliesslich Erwachsene angesprochen und der Eindruck, die Bibliothek richte sich nur an ein informiertes und lesendes Publikum, wird mit dem sachlich richtigen Hinweis auf die Spielfilme entgegengetreten.

 

Exkurs:Fremdsprachenorientierung

Die Integrationsbibliothek in Winterthur und die interkulturelle Bibliothek Kanzbi in Zürich richten ihre Angebote an fremdsprachige Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, deren Lesebedürfnisse als Angehörige sprachlicher Minderheiten von öffentlichen Bibliotheken zuwenig berücksichtigt werden.

Im Vordergrund steht die Förderung der Hauptsprache, in der Regel die Erstsprache der Personen. Dadurch wird zum einen die Integration in den eigenen kulturellen Hintergrund gefördert und zum anderen die Voraussetzungen für den Zweitspracherwerb­also für das Deutsche­entschieden verbessert.

Hier erreichen die Bibliotheken ihr Zielpublikum über das Merkmal Fremdsprache. Der Bildungshintergrund dieser Bevölkerungsgruppen ist oft von einem sehr tiefen Niveau. Die Erfolge dieser Bemühungen zeigen, dass auch Personen mit tiefem Bildungsstatus zu Bibliotheksbesuchen motiviert werden können. Die Defizite werden nicht hervorgehoben, vielmehr wird das kulturelle Vorwissen betont. Die Integrationsbibliothek spricht ganze Personengruppen an und bietet ihnen geeignete Medien an. Auf diese Weise gelingt es ihr, sich in das Kommunikationsgefüge der Gruppe einzubringen.

Die Dringlichkeit der Integrationshilfe bei diesen Personengruppen hat ein Interventionsmodell hervorgebracht, das sich als Vorbild für weitere Gruppierungen anbietet und an das Modell der Communities im angelsächsischen Raum erinnert. Dort richten die Bibliotheken ihre Angebote bewusst auch an soziale Gruppierungen und bieten ihnen Unterstützung für ihre Lese und Informationsbedürfnisse an.

 

5.1.3 Bibliotheksvokabular

Über Geschmack lässt sich bekanntlich vorzüglich streiten, ebenso über Stilfragen, wie etwa Kommunikationsstile. Das bibliothekarische Fachvokabular dient dem Bibliothekspersonal dazu, berufsspezifische Eigenheiten genau zu beschreiben.

Wie sich eine Bibliothek in der geschriebenen Form selbst darstellt, ist jedoch von erheblicher Relevanz, denn mit dem Fachvokabular kann man vorzüglich Nähe oder Distanz zum Besucher signalisieren und wird es von diesen als solches auch wahrgenommen.

Im Hinblick darauf, sämtliche Bevölkerungsschichten zu erreichen, sollten in Texten, die sich an die Kundschaft richten, Fachausdrücke grundsätzlich vermieden, zumindest zurückhaltend verwendet werden. Dies entspricht auch einer Kundenorientierung, wie sie im Detailhandel schon längst üblich ist, wenn breite Bevölkerungsschichten angesprochen werden sollen.

So sollten insbesondere allgemeine Bibliotheken auch an ihre Besucher herantreten: die Begrifflichkeiten der Kunden so weit als möglich aufnehmen, und so keine unnötige Distanz signalisieren. Einmal verfasste Texte haben etliches Beharrungsvermögen und hinterlassen einen nachhaltigen Eindruck. Werke aus der spanischen Literatur wirkt eben im Text eines Handzettels, der vielleicht irgendwo auf einem Küchentisch liegen bleibt und von anderen Familienmitgliedern gelesen wird, anders als spanischsprachige Bücher.

Die Bibliotheksmitarbeiter hingegen verwenden weiterhin untereinander und in der Kommunikation mit anderen Bibliotheken oder Lieferanten ausschliesslich ihr Fachvokabular.

Eine solche Kundenorientierung verlangt nun nicht eine Änderung in der Aufstellsystematik, sie will die Kommunikation erleichtern. Der Kunde soll nicht unnötig mit den spezifischen Merkmalen einer Bibliothekssystematik konfrontiert werden, vielmehr ist es die Bibliothek, die ihm soweit als möglich entgegenkommt und sich möglichst kundennah präsentiert.

Es gibt einige Begriffe, die sich nur schwer ersetzen oder umformulieren lassen. Viele könnten aber vermieden oder anders formuliert werden. Immerhin wäre dann eine kommunikative Hemmschwelle fürs Erste erheblich gesenkt. Hier eine Auswahl von zu überdenkenden Begriffen:

Allgemeine öffentliche Bibliothek
Der Begriff öffentliche Bibliothek hinterlässt den Eindruck, andere bekannte Bibliotheken seien nicht öffentlich etwa die ETH Bibliotheken, die ZentralbibliothekZürich, das Sozialarchiv u.v.a. Inzwischen sind alle am NEBIS- oder am IDSVerbund angeschlossenen Bibliotheken für alle Bevölkerungskreise zugänglich, also öffentlich, auch die Institutsbibliotheken der verschiedenen Hochschulen. Deshalb wäre es angebracht, den Begriff öffentliche Bibliothek neu zu überdenken. Möglich wäre eine begriffliche Abgrenzung, indem man nur zwischen allgemeinen , wissenschaftlichenoder Spezialbibliotheken unterscheidet und auf das Merkmal öffentlich verzichtet.

Belletristik
Belletristik bezeichnet erzählende sowie schöngeistige Literatur und wird als Gegensatz zu Sachliteratur verwendet. Die Bezeichnung Unterhaltungsliteratur wäre verständlicher und würde die Nähe zu schöngeistiger Literatur meiden.
Beispiel:
Wir führen Bücher aus dem Gebiet der Unterhaltung wie Romane, Erzählungen und Krimis, klassischer und moderner Autoren.

Bestand
Im Umgang mit Kunden ist dieser Ausdruck ohne Bedeutung. Angebot an Bücher, CDs, DVDs reicht aus.

Literatur
Der Begriff Literatur ist für viele Personen mit der Bedeutung einer höheren Literatur verbunden. Umgangssprachlich wird er wenig verwendet und kann häufig ohne Bedeutungsverlust mit Bücher ersetzt werden.

Medien
Medien wird in der Bibliothek als Sammelbegriff für Print- und Nonprint-Medien verwendet. Umgangssprachlich wird er kaum je so benutzt.
Das Fernsehen und Presseerzeugnisse werden etwa als Medien, genauer Massenmedien verstanden. Mit elektronischen Medien sind etwa CDs und DVDs gemeint. Bücher werden gemeinhin nicht als Medien bezeichnet.
Der Begriff Medien ist einem stetigen Wandel unterworfen, auch wegen der Anlehnung an die englischen Begriffen und wird je nach Zusammenhang verschieden verwendet.
Der Begriff sollte sparsam und in einem eindeutigen und leicht verständlichen Zusammenhang verwendet werden. Als alleinstehendes Abgrenzungsmerkmal im Kundenumgang eignet er sich weniger gut.
Beispiel:
Wir führen: Bücher, CDs, DVDs aller Art und ComputerSpiele sowie verschiedene Ton- und Videokassetten aus dem Bereich der Unterhaltung, Hobbies und verschiedener Wissensgebieten sowohl für Erwachsene, Jugendliche als auch für Kinder.

Nachschlagewerke
Werke werden mit wichtiger oder höherer Literatur in Zusammenhang gebracht. Der nicht wertende Gebrauch dieses Ausdrucks ist nicht üblich. Bezeichnet man hingegen das Bücherregal mit Nachschlagebücher fällt das Nebeneinander der Enzyklopädien und Telefonbücher nicht mehr weiter auf.

Nutzer/Benutzer
nimmt die Dienstleistung der Bibliothek in Anspruch. Gebräuchlicher ist Besucher oder Kunde.

Neue Medien
Der Ausdruck NeueMedien ist deshalb verwirrend, weil es umgangsprachlich mit neuartigen Medien, also mit einer zeitlichen Komponente verbunden wird. Heute wären Podcasts ein neues Medium. Im bibliothekarischen Zusammenhang werden mit dem Ausdruck hingegen gerätabhängige Medien bezeichnet, also TonKassetten als auch DVDs.
Der Ausdruck NeueMedien sollte im Kundenumgang vermieden werden. Einheitlicher und sinnvoller ist die Bezeichnungen NonprintMedien als Gegensatz zu PrintMedien.
Auch der Ausdruck NonprintMedien hat jedoch einen unglücklichen Einschlag, indem er sich über das definiert, womit es gerade nicht verbunden ist.
Eine aufzählende Form wie oben unter dem Stichwort Medien ist zu bevorzugen. Die Auswahl erscheint damit auch reichhaltiger und, wie im Beispiel aufgezeigt, wird auch ein grösserer Personenkreis angesprochen, ohne dass die Aussage an Inhaltlichkeit leiden würde.

OPAC
OPAC versteht niemand. Katalog reicht völlig aus. Wird der elektronische Katalog erwähnt, darf angenommen werden, dass auch ein Zettelkatalog vorhanden ist, ansonsten wird eine unnötige Distanznahme zu einer Selbstverständlichkeit hergestellt.

Schlagwort
Benutzer machen keinen Unterschied zwischen Stichwort und Schlagwort. Dem könnte Rechnung getragen werden, indem ihnen neben der Autorensuche eine Suche nach einem Stichwort ­eigentlich Schlagwort ­angeboten wird.

 

5.1.4 Benutzungsordnung

Die Regeln und Gepflogenheiten in Bibliotheken sind für viele Personen wenig fassbar. Man hält sich an das Verhalten anderer Besucher und spricht deshalb eher gedämpft. Im Sinne einer transparenten Bibliothekskultur sollten die Hausregeln klar und nachvollziehbar formuliert und kommuniziert werden.

Für eine aussenstehende Person ist eine Verhaltensorientierung in der Bibliothek ohne ausdrückliche Regeln nicht nur schwierig, sie kann diese auch nicht in ihrem Umfeld weiterkommunizieren. Wird die für sie auffällige Ruhe nicht begründet, wird ihr die Deutung überlassen, weshalb dies wohl so sei.

Die Ruhe wird auch als ein gesprächsunterbindendes Merkmal wahrgenommen. Damit wird die individualisierte und abgeschottete Lesetätigkeit frei von Gesprächen hervorgehoben. Dieser Eindruck muss vermieden werden. Die Ruhe ist ja nicht Selbstzweck, vielmehr wird sie aus Rücksicht auf andere eingehalten. Demnach darf in einer Bibliothek normal gesprochen werden, solange andere Besucher sich nicht gestört fühlen.

Ebenso sind andere Regeln etwa das Essverbot oder der Umgang mit Telefongesprächen zu vermitteln. Essen ist strikt verboten, während kurze Telefongespräche erlaubt sind sofern andere Besucher nicht gestört werden.

Festgeschriebenen Regeln bewirken auch, dass der Neubesucher am Regelwerk partizipieren kann. Damit muss er sich nicht am Verhalten anderer Besucher orientieren, deren Orientierungen ja nicht erkennbar sind, vielmehr wird er befähigt, sein Verhalten und dasjenige anderer Besucher an den Regeln zu messen. Er kann sie auch in seinem sozialen Umfeld erklären und diskutieren.

Es wäre angebracht, neben den Geboten und Verboten auch auf Zusatzdienstleistungen aufmerksam zu machen. Es soll ausdrücklich erwähnt werden, was erlaubt ist, etwa die uneingeschränkte Nutzung von Arbeitsplätzen, der Internetstationen gemäss den Richtlinien, das Kopieren etc.

Auch die Gebührenordnung sollte mögliche Fragen klar regeln. Neben den Pflichten könnten auch die Nutzungsrechte vermittelt werden, etwa dass die Verwendung dem Kunden freigestellt ist, dass die Wanderkarte im Rucksack mit auf die Wanderung und das Lesebuch ins Freibad mitgenommen werden darf. Das machen sowieso alle, nur dem Aussenstehenden ist dies nicht klar.

Die Folgen einer möglichen Beschädigung oder eines Verlustes sollten für Neukunden nicht im Unklaren bleiben. Das hiesse etwa, dass man sie ausdrücklich darauf aufmerksam macht, dass sie grundsätzlich haftbar sind: Erscheint bei einer Beschädigung eine Reparatur als unverhältnismässig, so hat er den Ladenpreis für die Neuanschaffung zu entrichten. Und: Weitergehende Gebühren werden nicht erhoben. Dem Kunden sind vor allem diese weitergehenden Gebühren unklar. Er darf ruhig wissen, dass Medien ständig verloren gehen und beschädigt werden, und dass Bibliothekare im Übrigen nicht nachtragend sind.

 

5.1.5 Leitbilder

Leitbilder finden sich heute in vielen Bibliotheken, doch werden sie häufig­wenn überhaupt­nur beiläufig kommuniziert. Besucher müssen schon genau hinsehen, wo sich das Leitbild versteckt. Dies ist bedauerlich, umso mehr weil damit auf eine Chance verzichtet wird, sich klar zu präsentieren und sich von falschen Erwartungen abzugrenzen.

In einem Leitbild werden gewöhnlich die leitenden Vorstellungen und Überzeugungen eines Unternehmens in Worte gefasst, häufig den Mitarbeitern vorgesetzt, in der Hoffnung, dass sich damit die Betriebskultur verbessert und weiterentwickelt. Die Unternehmenskultur folgt jedoch nicht dem Leitbild, vielmehr unterstützt das Leitbild die Unternehmenskultur. Es ist eine Kommunikationshilfe, die sich dazu eignet, gerade unklaren Vorstellungen klare Ziele entgegenzustellen. Es kommuniziert im Wesentlichen, dass sich die Unternehmensführung Gedanken über die Unternehmenskultur gemacht hat und erinnert Mitarbeiter und auch Aussenstehende daran, dass sie diese nicht dem Zufall überlassen will.

Das Leitbild ist ein Kommunikationsinstrument, dessen sich allgemeine Bibliotheken auch bedienen sollen. Es steht ihnen zudem frei, es zu instrumentalisieren und für ihre Zwecke einzusetzen. Allgemeine Bibliotheken sind keine wissenschaftliche oder Fachbibliotheken. Allgemeine Bibliotheken haben keinen Sammlungs sondern einen Nutzungsauftrag. Der Bestand will bewirtschaftet, also ausgeliehen werden.

Das Leitbild soll dabei innerhalb eines Kommunikationsgefüges eingebettet sein und seinen Teil unterstützend beitragen. Es ergänzt die Benutzungs oder die Gebührenordnung und soll einfach und anregend formuliert werden, damit es auch gelesen wird. Deshalb muss das Leitbild auch nicht Leitbild heissen und an die vielen anderen kaum unterscheidbaren und wenig verständlichen Leitbilder der Unternehmen erinnern. Aber die Funktion oder Teile davon kann es übernehmen und gute und notwendige Dienste leisten.